Lukas ist 23 Jahre alt und Handwerker in einem Berliner Großbetrieb. Megaphon hat ihn danach gefragt, wie die Corona-Krise sich auf seinen Lebensalltag auswirkt.
Hallo Lukas. Wie geht es dir? Wurdest du von deinem Betrieb freigestellt oder musst du noch arbeiten?
Ich muss auch weiterhin jeden Tag zu meiner Arbeitsstelle. Meine Chefin hat gesagt, „wir“ können uns das nicht leisten – auch bei nachgewiesenen Coronafällen unter den Kollegen – Betriebszweige zu schließen. Alle Kollegen bei mir auf der Arbeit reden über die Situation der Infektionsgefahr und da wir weniger als sonst zu tun haben, sitzen wir viel gemeinsam in der Halle. Viele sind wütend, dass Kneipen und Spielos geschlossen haben, während wir weiterhin schuften müssen. Das passt ja irgendwie nicht zusammen. Entweder wird die Gefahr aufgebauscht, dann ist es sinnlos, dass alle sozialen Räume schließen, oder es ist wirklich gefährlich für uns, dann ist es Körperverletzung, dass wir weiterhin arbeiten müssen.
Wie ist die allgemeine Stimmung in Berlin? Nimmst du Veränderungen wahr?
Es sind weniger Leute auf den Straßen und es gibt eine erhöhte Bullenpräsenz auf öffentlichen Plätzen. Ich weiß auch von Fällen, wo Menschengruppen gewaltsam von der Polizei aufgelöst wurden. Das wird sich in den nächsten Tagen sicher noch zuspitzen. Mein Freundeskreis geht aber trotzdem weiterhin in Parks und auf öffentliche Plätze, da wir uns dieses Recht nicht nehmen lassen wollen.
Was ist deine Einschätzung der Corona-Krise? Glaubst du, dass es in Berlin politischen Widerstand geben wird, sollten die Einschränkungen und Grundrechtseinschnitte weitergehen?
Nein, leider nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass es in der politischen Widerstandsbewegung Berlins ein Problembewusstsein dafür gibt, was gerade eigentlich abgeht. Alle reden davon, es dürfe kein „Shut Down“ im Klassenkampf geben, aber real gibt es den ja. Zumindest von unten wird gerade kein Klassenkampf geführt. Die meisten sogenannten revolutionären und autonomen Gruppen haben ihre Aktivität weitgehend eingestellt. Meine Einschätzung ist, dass die politische Linke es nicht schaffen wird, von der derzeitigen Situation zu profitieren. Ähnlich wie zu Zeiten der Flüchtlingskrise 2015 beschränkt sich linker Aktivismus auf ehrenamtliches, soziales Engagement (Nachbarschaftshilfe) und entwickelt gar nicht erst den Anspruch die Menschen aufzuwiegeln und zur Tat zu schreiten.