Mit #metoo bis zum Genozid

Als Rechtfertigung für Israels völkermörderischen Krieg gegen die PalästinenserInnen in Gaza wird herangezogen, dass die Hamas am 7. Oktober massenhaft Akte sexueller Gewalt begangen habe. Von Massenvergewaltigungen und Genitalverstümmelungen ist nicht nur auf Social Media die Rede. Auch große Medienhäuser und PolitikerInnen von Weltrang verwenden dies als Argumente für die Fortführung eines Krieges, der schon nahezu 20 000 ZivilistInnen in Gaza, darunter mehrheitlich Frauen und Kinder, das Leben kostete. Jeder Mensch, der sich für eine Waffenruhe einsetzt, wird mit den angeblichen Gräueltaten der Hamas moralisch unter Druck gesetzt: Wie könne man einen palästinensischen Widerstand unterstützen, der solche Mittel anwendet?

Doch was wissen wir bisher wirklich über das, was am 7. Oktober geschah? Unsere Autorin Lydia Poser hat einige englischsprachige Analysen zu den Ereignissen vom 7. Oktober gelesen und zusammengefasst.1

Zweifelhafte Zeugen

Die hier vorgestellte Analyse soll nicht die Möglichkeit leugnen, dass sexuelle Gewalt gegen Frauen am 7. Oktober stattgefunden haben könnte. Aber bisher gibt es keinerlei fundierte Beweise dafür.

Es gibt bisher keine Zeugenaussagen von Frauen, die selbst Opfer einer Vergewaltigung wurden. Keines der angeblichen Opfer ist irgendwie identifizierbar. Was es gibt: Unzählige Geschichten, in denen Menschen erzählen, dass sie Frauen gesehen haben, die so aussahen, als wären sie vergewaltigt worden. Viele dieser Zeugen sind Angehörige der israelischen Armee.2

Die Geschichten über geköpfte Babys, Massenvergewaltigungen und andere Gräueltaten am 7. Oktober wurden maßgeblich verbreitet von Mitgliedern zionistischer ultraorthodoxer Organisationen. Einer dieser Menschen ist Yossi Landau von ZAKA (Organisation zur „Identifizierung von Katastrophenopfern“). Diese freiwilligen Katastrophenhelfer haben in der Regel keine medizinische Ausbildung und sind daher keine zuverlässige Quelle, um Verletzungen von Menschen oder Todesursachen zu beurteilen. Auch abgesehen davon besteht ZEKA aus suspekten Personen.

Ihr Gründer Meshi-Zahav, der auch „Jeffrey Epstein“ genannt wird, hat über Jahrzehnte Kinder sexuell missbraucht und Gelder der Organisation veruntreut. ZAKA nutzt die Chance, sich als „Zeugen des Grauens vom 7. Oktober“ zu inszenieren, um ihre Kassen aufzubessern. Dabei müssen sich ZAKA und andere ultraorthodoxen Gruppen regelmäßig in ihren Lügen überbieten. Denn es gilt: Umso mehr mediale Aufmerksamkeit, umso mehr Spenden gehen ein. Ihre Berichte werden von westlichen Medien als seriöse Quellen herangezogen, obwohl sich ihre Schilderungen nicht belegen lassen und sie zudem leicht zu widerlegen wären. Sogar der US-Außenminister Blinken und US-Präsident Biden zitierten ihre Berichte.3

Es existieren auch keine forensischen Beweise für Vergewaltigungen. Es wird oft behauptet, dass es keine Beweise gibt, weil die Opfer tot sind und viele der Leichen schwer verbrannt waren. Wie sich mittlerweile herausstellte, waren aber allein 200 der schwerst verbrannten Leichen PalästinenserInnen.4

Angeblich haben die israelischen Behörden 60 000 Videos vom 7. Oktober gesammelt. Videos von Vergewaltigungen existieren angeblich, aber niemand hat sie bisher gesehen. Das israelische Militär schnitt diese Videos zu einem 45min-langen Video zusammen und führte es ausgewählten Journalisten vor. Darunter Owen Jones vom Guardian. Er sagt, dass keine Enthauptungen und keine Vergewaltigungen gezeigt wurden.5

Zweifelhafte Untersuchungskommission

Cochav Elkayam-Levy, die Frau, die in der internationalen Presse als Menschenrechtsexpertin ausgewiesen wird und eine unabhängige Untersuchung zum Ausmaß der sexuellen Gewalt am 7. Oktober leitet, arbeitet für die israelische Regierung. Sie half der Generalstaatsanwaltschaft Israels als Juristin, Menschenrechtsverletzungen zu „legalisieren“. Sie schrieb z.B. ein Handbuch zum Umgang mit Hungerstreikenden. Dieses sieht die Zwangsernährung Hungerstreikender vor, was brutale und oftmals tödliche Folter ist. Elkayam-Levy ist auch Gründerin und Direktorin des „Dvora-Instituts“, das als enges Beratungsgremium des „Nationalen Sicherheitsrates“ des israelischen Premierministers arbeitet. Sie ist also mitnichten eine Menschenrechtsexpertin und schon gar nicht unabhängig.6

Die Haaretz interviewte Elkayam-Levy am 30. November zu den bisherigen Ergebnissen der Kommission. In einer sensationellen Überschrift wird behauptet, dass nun das ganze Ausmaß der sexuellen Gewalt am 7.Oktober aufgedeckt sei. Aber im Artikel wird klar, dass die Kommission mit keiner Betroffenen selbst gesprochen hat.7

Als Beweise zieht Elkayam-Levy auch Verhörprotokolle des israelischen Geheimdienstes heran. Hamas-Kämpfer hätten gestanden, dass sie Anweisung hatten, Israelis zu köpfen und zu vergewaltigen. Diese Geständnisse sind keine seriöse Quelle. Sie sind möglicherweise gefälscht oder ein Resultat von Folter. Außerdem gibt es für Enthauptungen ebenso wenig Beweise wie für Vergewaltigungen.

Angeblich hat Elkayam-Levy unzählige Beweise gesammelt, trägt aber keinerlei fundierte Beweise öffentlich vor. Fragen von Journalisten nach der Zahl der Vergewaltigungsopfer beantwortet sie nicht. Sie weigert sich sogar, eine Schätzung abzugeben. Sie wiederholt die Rechtfertigungen der israelischen Behörden: Es gäbe keine Berichte aus erster Hand, weil die Betroffenen alle tot seien oder sich – aus welchen Gründen auch immer – erst in den nächsten Jahrzehnten zu Wort melden werden.

In einer Vorlesung zeigte Elkayam-Levy ein Foto, auf dem angeblich eine israelische Frau zu sehen ist, die auf dem Festival von der Hamas vergewaltigt und getötet wurde. In Wahrheit ist es ein älteres Foto, das wahrscheinlich eine tote misshandelte kurdische Kämpferin zeigt.8

Sie weigert sich auch, Augenzeugenberichte, also die Berichte derer, die behaupten, sie hätten eine Vergewaltigung beobachtet, auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Diese Zeugenaussagen sind äußerst kritisch zu betrachten. Ein anonymer israelischer Soldat behauptete gegenüber CNN, er habe im Kibbuz Be’eri die Leichen zweier junger Mädchen gefunden, die eine nackt und mit Spermaspuren. Es gibt aber keine Toten aus Kibbuz Be’eri, auf die diese Beschreibung vom Alter her zutrifft. Es gibt auch keinen Beweis dafür, dass der Soldat dort im Einsatz war.9

Eine anderer viel zitierter Augenzeugenbericht ist der von der vergewaltigten Frau, der die Brust abgeschnitten wurde. Der gleiche Zeuge behauptet in der gleichen Aussage auch, dass die Hamas-Kämpfer mit abgetrennten Köpfen posiert haben. In keiner noch so grausamen Geschichte über den 7. Oktober kommt das außerdem vor. Das ist also auch kein zuverlässiger Zeuge.10

Entmenschlichung als Voraussetzung für Völkermord

All diese Geschichten sollen das rassistische Motiv des „schwarzen“ Mannes als Vergewaltiger der weißen (Siedler-)Frau befeuern. Es wurde in der Geschichte schon oft angewandt, um zu entmenschlichen: gegen jedes kolonialisierte und versklavte Volk, auch die Nazis nutzen es gegenüber den Juden.

Es geht in Wirklichkeit darum, Palästinenser und Araber als von Natur aus grausame und böse Menschen darzustellen, die Strafe und den Tod verdienen. Das ist die Rechtfertigung Israels für seine Verbrechen. Die Entmenschlichung der Palästinenser dient zur Rechtfertigung von Völkermord.

Die Verbreitung dieser Art von Fehlinformationen ist systematisch. Hasbara wird diese Strategie des israelischen Außenministeriums genannt, die darauf abzielt, eine internationale Berichterstattung zu erreichen, die Israels Politik positiv darstellt und rechtfertigt.

Perfide werden dabei feministische Errungenschaften missbraucht. Wir kennen diese Strategie schon aus dem NATO-Krieg gegen Afghanistan, der angeblich zur Durchsetzung von Frauenrechten geführt wurde. Das israelische Außenministerium rief anlässlich des 25.11. (Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen) dazu auf, die Einflussnahme auf „globale feministische Organisationen“ zu verstärken.11 #metoo wird instrumentalisiert, um jeden, der Zweifel hat oder Belege fordert, zum Schweigen zu bringen. Ihm wird vorgeworfen, Opfern nicht zu glauben.

Dabei gibt es diese Opfer gar nicht. Israel behauptet einfach, dass es sie gäbe. Und es gibt keinen Grund Israel zu glauben.


  1. Das Dargestellte basiert hauptsächlich auf den Analysen von electronic intifada: https://electronicintifada.net/blogs/ali-abunimah/watch-debunking-israels-mass-rape-propaganda ↩︎

  2. Police Superintendent Dudi Katz said officers have collected more than 1,000 statements and more than 60,000 video clips related to the attacks that include accounts from people who reported seeing women raped. He added that investigators do not have firsthand testimony, and it is not clear whether any rape victims survived.
    https://edition.cnn.com/2023/11/17/world/israel-investigates-sexual-violence-hamas/index.html ↩︎

  3. https://thegrayzone.com/2023/12/06/scandal-israeli-october-7-fabrications/
    ↩︎

  4. But in the wake of the unprecedentedly large mass-casualty event, physical evidence of sexual assault was not collected from corpses by Israel’s overtaxed morgue facilities amid their ongoing scramble to identify the people killed, many of whose bodies were mutilated and burned. More than a month after Hamas rampaged through border communities near the Gaza Strip and a massive outdoor music festival, Israel is still identifying the dead through disaster victim identification protocols.
    https://www.timesofisrael.com/amid-war-and-urgent-need-to-id-bodies-evidence-of-hamass-october-7-rapes-slips-away/ ↩︎

  5. https://www.youtube.com/watch?v=mc5iG3DX7ho
    ↩︎

  6. https://mondoweiss.net/2023/12/cnn-report-claiming-sexual-violence-on-october-7-relied-on-non-credible-witnesses-some-with-undisclosed-ties-to-israeli-govt/ ↩︎

  7. https://www.haaretz.com/israel-news/2023-11-30/ty-article-magazine/.highlight/hamas-campaign-of-rape-against-israeli-women-is-revealed-testimony-after-testimony/0000018c-2144-da36-a1de-6767dac90000
    ↩︎

  8. https://twitter.com/MaxBlumenthal/status/1724688009293873502?t=d6aj5Ph21AY_2pkVWiY6-w&s=19
    ↩︎

  9. https://mondoweiss.net/2023/12/cnn-report-claiming-sexual-violence-on-october-7-relied-on-non-credible-witnesses-some-with-undisclosed-ties-to-israeli-govt/ ↩︎

  10. https://mondoweiss.net/2023/12/cnn-report-claiming-sexual-violence-on-october-7-relied-on-non-credible-witnesses-some-with-undisclosed-ties-to-israeli-govt/ ↩︎

  11. https://mondoweiss.net/2023/12/cnn-report-claiming-sexual-violence-on-october-7-relied-on-non-credible-witnesses-some-with-undisclosed-ties-to-israeli-govt/ ↩︎