Als ich jung war, fand ich es sehr emanzipiert, Prostitution als Frauenrecht zu verteidigen. Frauen haben das Recht, sich zu prostituieren, wenn sie denn wollen. Sie dürfen Sex haben mit wem sie wollen, so oft sie wollen und warum sie wollen. Gegen das Kopfschütteln der Alten blieb ich hart. Die sind doch nur neidisch auf diese Freiheit, auf unsere befreite, junge Sexualität. Heute bin ich selbst alt, um viele Erfahrungen reicher und fordere ein Sexkaufverbot.
Wie stehe ich zur Prostitution?
In meiner Jugend war ich sicher: Prostitution ist Arbeit und muss erlaubt sein, Sexarbeit darf nicht verboten werden. Auch wenn es für mich keine Option war, so erschien mir der Wunsch legitim, mit Sex Geld zu verdienen. Warum es für mich selbst keine Option war, reflektierte ich nicht. Denn so wie ich dieses Recht anderen Frauen einräumte, so sehr freute ich mich auch, andere – bessere – Alternativen zu haben und nutzen zu können. Aber wenn Frauen Freiern sexuelle Dienste leisten wollen, dann ist das ihr Recht. Meine Zustimmung zur Ausübung der Prostitution galt dabei für andere Frauen. Ich gehörte in meiner Vorstellungswelt zu denen, die das Privileg nutzen, Sex nicht für Geld anbieten zu müssen. Ich bin Deutsche, weiß, gebildet und bin in einem unbefristeten, gut bezahlten Arbeitsverhältnis angestellt. Prostituieren werde und muss ich mich nicht. Da war und bin ich sicher. Das es andere wollen oder müssen, war so weit weg von meiner Lebenswirklichkeit, dass ich mir einen (neo)liberalen Standpunkt „leisten“ konnte. Ich reproduzierte sexistische Vorurteile ohne es zu merken und ohne überhaupt darüber nachzudenken.
Meine Haltung zur Prostitution änderte sich grundlegend als ich in einer Notaufnahme eines Krankenhauses eine Prostituierte kennenlernte. Ich war da wegen eines verstauchten Knöchels, sie weil sie sich nicht sicher war, noch am Leben zu sein. In Russisch erzählte sie meinem Freund zwischen Heulkrämpfen, dass sie ihren Körper nicht mehr spüre, dass sie sich heute schon 5 mal hätte übergeben müssen und weder Essen noch Trinken bei sich behalten kann. Er übersetzte. Sie nahm Drogen, Medikamente und Alkohol, um sich zu betäuben und die Freier auszuhalten. Sie wünschte sich ihren eigenen Tod.
Diese Erkenntnis, was Prostitution mit dieser Frau gemacht hat, traf mich hart. Dieses Elend habe ich so nicht erwartet. Bisher hatte ich nie darüber nachgedacht, was Prostitution für jene bedeutet, die das machen, die es machen müssen. Aus welchen Gründen auch immer. Bis zu dieser Begegnung kannte ich Prostituierte nur als besonders gebildete und elitäre deutsche Schönheiten aus dem Fernsehen. Sie sitzen in Talkshows und TV-Formaten, schreiben Romane, sind interessante Charaktere in Filmen und geben sich weltoffen und mondän. Sie schwärmen vom Sex mit den Freiern, deren Reichtum und Galanterie und ihrer Lebensart. Sie verdienen gut und haben viel Tagesfreizeit. Sie behaupten den Vollzug ihrer Emanzipation und manche bekennen sich sogar zum Feminismus. Prostitution ist für sie Ausdruck ihrer Selbstbestimmung.
Warum lehne ich Prostitution ab?
Ich stamme aus einer Arbeiter_innenfamilie. Meine Eltern vererben mir nichts. Ich bin in der DDR aufgewachsen. Von der finanziellen Autonomie und einem halbwegs selbstbestimmten Leben als Frau in der DDR fühle ich mich als neue BRD-Bürgerin frauenpolitisch in die 50er Jahre zurückversetzt. Den Weg durch die Wirtschaftssysteme erlebe ich als Wandlung von der Kollegin zur sich stets verweigernden potenziellen Prostituierten. In der DDR war Prostitution verboten, fand aber dennoch im kleinen Rahmen statt. Die inoffiziellen Stasi-Mitarbeiterinnen boten sich zum Beispiel zur Messezeit in Leipzig den Kunden aus dem Westen an und erhielten für ihre „Dienste“ von den Freiern Geld. Die erlangten Informationen gaben sie an die Stasi weiter. Andere Frauen wurden als Spionin direkt auf potenzielle Geheimnisträger angesetzt. Sie sammelten Informationen während der Bettgeschichten oder gar Liebesbeziehungen. Das alles waren jedoch geduldete Ausnahmen. Das Prostitutionsverbot galt für uns alle. Dass Sex keine Ware ist, wußten Frauen und Männer. Wir Kinder lernten es schon in der Schule. Sex war für mich auch nie Arbeit, sondern Lust, pure Freude und Vergnügen. Meine Haltung war offensiv und selbstbewußt: Ich lasse mich nicht ficken, ich ficke – und zwar wen ich will und sobald er will. Sex zu verkaufen, eine sexuelle Dienstleisterin zu sein, kam mir nicht in den Sinn. Für andere Frauen verteidigte ich jedoch die Legitimität ihrer Verdinglichung.
Die Frau, die in der Notaufnahme neben mir weinte, war zweifellos schön, aber es ging ihr nicht gut. Es ging ihr sehr schlecht. Zu ihrem schlimmen Zustand kam noch, dass sie nicht krankenversichert war und der Rauswurf aus der Bordellwohnung drohte, wenn sie nicht mehr weiter anschaffen kann. Eine andere Wohnung hatte sie nicht. Sie wußte nicht wohin, sie wußte nicht, was mit ihr passiert, sollte sie ihren gefühlten Tod hier und heute überleben. Sie schwärmte weder von ihrem Job noch von den Freiern, sie litt, weinte und starb mit jedem Freier ein bisschen mehr. Sie wurde zur Prostitution nicht mit Gewalt gezwungen, sah aber auch keinen anderen Weg um als Russin und mit rudimentären Spachkenntnissen in Deutschland zu überleben.
Und heute bin auch ich nur einen bezahlten Bürojob weit davon entfernt, mich prostituieren zu müssen. Mir ist das bewußt und ich habe Angst davor, dass Prostitution als Arbeit anerkannt wird und ich vor der Entscheidung stehe: Prostitution oder Verhungern? Das HartzIV-Regime zwingt uns in Jobs, die der Behörde als zumutbar gelten. Wenn Prostitution als Arbeit auch durch die Behörden anerkannt wird, ist Prostitution jedem und jeder zumutbar. Ich glaube nicht, dass eine staatliche Institution im Kapitalismus noch lange Frauenkörper vor deren Vermarktung schützt. Jetzt sage ich, dass ich lieber verhungern würde oder das Bordell anzünden, in dem ich anschaffen soll, als Sex gegen Geld zu verkaufen. Aber diese Haltung leiste ich mir, weil ich diese Entscheidung nicht treffen muss. Ich beziehe kein HartzIV. Es geht mir gut. Noch. Ich verkaufe meine Arbeitskraft, meine Lebenszeit, mein Wissen, meine Ideen. Das muss ich, um zu überleben. Die Entscheidung, mit wem ich Sex habe, ist für mich einer der letzten Bereiche, in dem ich noch selbst bestimmen darf. Und selbst dieser letzte Teil Privatsphäre soll mir jetzt auch noch genommen werden? Ich protestiere!
Ist Prostitution Arbeit?
Es gibt eine meinungsstarke und medienpräsente Lobby aus freiwilligen Prostituierten, Freiern und Bordellbetreibern, die für die Anerkennung von Prostitution als Arbeit streitet. Demnach sei Prostitution das „älteste Gewerbe der Welt“ und auch nur ein „Job wie jeder andere“ , ein „Beruf“, auf dessen Ausübung jeder Mensch ein Recht habe. Prostitution wird „Sexarbeit“ genannt und daran wird die politische Forderung nach Anerkennung geknüpft. Die ältesten Erscheinungsformen der Prostitution gingen auf sakrale Riten zurück. In der griechischen und römischen Antike waren Prostituierte vorallem Sklavinnen und deren in die Sklaverei geborenen Töchter. Seit 2002 wird Prostitution in Deutschland gesetzlich reguliert. Prostitution gilt nicht mehr als sittenwidrig. Aus der sexuellen Ausbeutung von Sklavinnen wurde ein „Beruf“ für dessen Anerkennung Frauen streiten. Die Geschlechterverhältnisse in der Prostitution sind auch heute eindeutig und belegen die soziale Not der Frauen: Vorallem Frauen werden prostituiert oder prostituieren sich, die meisten Freier sind männlich. Und Frauenrechte genießen leider weder im Alltag noch in bundesdeutschen Rechtswirklichkeit besondere Bedeutung.
Zum 31.12.2018 haben sich bundesweit nur 37.800 Personen als Prostituierte registrieren lassen. In Sachsen-Anhalt sind derzeit 85 Prostituierte und 23 Prostitutionsstätten angemeldet. Im Juni 2018 waren bundesweit lediglich 76 Personen als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte unter der Berufsgattung „Berufe für personenbezogene Dienstleistungen – fachlich ausgerichtete Tätigkeiten“ registriert. In diese Kategorie werden auch Prostituierte eingeordnet. Die Zahlen täuschen, denn die Prostitutionsindustrie boomt. In Freierforen zähle ich auf Anhieb mindestens 30 Adressen als so genannte Wohnungsbordelle und über 100 Frauen, die sich in Magdeburg prostituieren.
„Sexarbeit“ passt in die bundesrepublikanische Gesellschaft, als Ideologie, als Politik und als Druckmittel zur Kontrolle von Frauen. Jede Frau ist eine potenzielle Prostituierte, während Männer potenzielle Freier sind. Prostitution ist die Drohung, die Frauen im Kopf haben, um in ihren Arbeitsverhältnissen mehr zu ertragen als ihnen zumutbar ist. Während ich also in die rotwangigen Gesichter junger Frauen gucke, die mir erklären, dass es absolut legitim sei, für Sex bezahlt zu werden, denke ich an den Werbefilm von Amazon und warte auf ähnliche Propagandastreifen aus dem Bordell in meiner Stadt. Ich stelle mir vor, wie eine Kamera von Zimmer zu Zimmer schwenkt und leicht bekleidete Frauen im Bild hält, die davon schwärmen, welche sexuellen Überflieger ihre Freier sind, wie lustvoll und erfüllend der Job ist und dass die Löhne selbstverständlich „unisex“ sind. Die Stimme des Sprechers verkündet nach den Lobgesängen der Frauen gelassen: „Arbeit ist nun mal Arbeit, aber ich würde die Bedingungen hier als gut einschätzen.“
Es werden dann weiße Frauen erklären, dass der Sex mit Freiern besser ist (als die Gewalt, die ihnen sonst widerfährt), die freie Zeiteinteilung sie begeistert und es dazu noch Geld regnet. Keine dieser Frauen möchte jemals etwas anderes machen. Nicht zu Wort kommen Freier, Zuhälter, Betreiber der Prostitutionsstätten, Armuts-, Zwangs- und Beschaffungsprostituierte. Das Fehlen dieser Personengruppen in der Imagepflege fällt kaum jemandem auf. Die Profiteure in der Sexindustrie, die Betreiber der Prostitutionsstätten, Menschenhändler und Zuhälter, sind unsichtbar. Hinter jeder Prostituierten stehen mehrere unsichtbare Männer, die ihr auf die Schulter klopfen und die Hand aufhalten.
Wer sind die Sexkäufer?
Freier äußern sich in den Freierforen und geben dort sehr viel auch über die Infrastruktur der Szene und ihre persönliche Verfasstheit preis. Soviel Frauenhass wie dort zu finden ist, ist nicht zu ertragen. Von der in den Publikationen der Lobbyvereine beschriebenen Galanterie des Freiers, ist in diesen Foren nichts zu finden. Die Frauen werden beschimpft, verachtet, ausgelacht. Es werden Übergriffe und Vergewaltigungen geschildert und von anderen Forennutzern beklatscht. Verweise auf diese Wirklichkeit und erst recht wörtliche Zitate, die beleghaft eine Skizze der Sozialisation der Freier liefern können, werden von den Sexarbeits-Lobbyistinnen mit Content-Warnungen versehen und als explizite Gewaltdarstellung aus dem Diskurs verdrängt. Nur das Lesen dieser Ereignisse schadet Menschen nachhaltig, sie müssen davor gewarnt werden. Aber das Erleben und Aushaltenmüssen am eigenen Körper wird als „Arbeit“ verharmlost und mit rhetorischen Verrenkungen verteidigt. Ganz offen geben Freier in diesen Foren ihre menschenverachtende Haltung bekannt. Bei einer foreninternen Umfrage in einem solchen Freierforum geben mehr als die Hälfte der User an, zuletzt AfD gewählt zu haben. Die rechte bis extrem rechte Einstellung der Forennutzer lässt sich nicht nur an ihrer Frauenverachtung ablesen, sondern auch an Aussagen über aktuelle Ereignisse. Auch da äußern sich Freier offen rassistisch. In einem Freierforum mitzulesen, ist so übel als würde man dem Stammtisch der örtlichen Kameradschaft lauschen. Das ist kein Zufall. Prostitution ist nicht nur brutale Praxis zum Sexismus sondern auch eine Finanzierungsquelle der extremen Rechten. Die Billigung von Prostitution ist mit Antifaschismus unvereinbar. Die Betreiber des registrierten Bordells in Magdeburg sind einschlägig vorbestrafte Neonazis und Gewaltverbrecher. Der ehemalige Geschäftsführer und Liquidator des Bordells wurde im November 1999 zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Auf dem Gelände des Clubs befindet sich ebenfalls der Firmensitz des Haupttäters im gleichen Verfahren . Er wurde wegen des gemeinsamen Überfalls auf einen Punk ebenfalls zu 5 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt. Der Tatvorwurf: Versuchter Totschlag.
Wer profitiert in der Prostitution?
Dagegen schreiben sich Sexarbeits-Lobby-Accounts bei Facebook und twitter Parolen wie #NoAfD, #Wirsindmehr und #Antifa in ihr Profil und leisten Lippenbekenntnisse gegen die neue und alte Rechte und vorallem gegen die AfD. Mit rechter Politik und Parteien wie der AfD wollen sie nichts zu tun haben. Sie sind dabei sicher: Prostitution bedeutet sozialen Fortschritt. Und in den tragischsten Fällen bedeutet Prostitution zumindest Kontrolle über die Missbrauchserfahrung. In sozialen Netzwerken schildern Prostituierte Missbrauchserfahrungen und Gewalterlebnisse aus ihrer Kindheit bis heute. Den Vorteil während ihrer Verprostituierung erkennen sie darin, dass der Zeitrahmen des Missbrauchs begrenzt ist und der Freier ein Fremder ist und bleibt, also nach dem Missbrauch das soziale Umfeld verlässt. Vor dem Hintergrund der überlebten oft innerfamiliären sexuellen Gewalt gelingt es in der Prostitution das Verhalten der Täter zu kontrollieren, denn die Forderung des Opfers nach einer materiellen Entschädigung erkennt der Freier an. Ein Freier missbraucht sein Opfer, entschädigt es aber materiell und verspricht, sich an die vorherigen Vereinbarungen auch zu halten. Ein Freier ist ein Täter, der für sein Handeln nicht bestraft werden will.
Die Prostitutionslobby nutzt linke Rhetorik als Verkleidung für neoliberale Politiken. Mit der Zustimmung einiger zur Prostitution, erledige sich demnach die Kritik an der Diskriminierung der Frauen und jeder Form der Ausbeutung schlechthin. Frauen, die sich angeblich freiwillig prostituieren, sprechen von ihrem Recht auf Selbstbestimmung. Sie behaupten, jederzeit aussteigen zu können, dies aber nicht zu wollen. Die Forderung nach Selbstbestimmung ist eine linke Parole. Kritik an dieser Selbstinszenierung wird als unzulässig markiert und geächtet. Eine Prostituierte inszeniert sich selbst als Lustobjekt, um durch den Freier verdinglicht und zu seiner sexuellen Befriedigung instrumentalisiert zu werden. Die Prostituierte leistet dem Freier einen sexuellen Dienst, sie arbeitet in einem konkreten Zeitfenster die Wünsche des Freiers ab. Wenn eine Frau ihrer Instrumentalisierung zustimmt, heißt das nicht, dass die Kritik an ihrer Verdinglichung damit hinfällig ist. Vielmehr ist zu berücksichtigen, ob sie auch anders hätte handeln können und falls ja, ob sie sich über die möglichen Konsequenzen ihres Tuns bewusst war. Konkret: Konnte sie in diesem Moment ohne Nachteile aushalten zu müssen, anders entscheiden?
Feministische Positionen zur Prostitution
Wenn sich Frauen als (Sex-)Objekt behandeln lassen, gedemütigt werden oder als Lustobjekt inszenieren, wird nicht selten das Argument vorgebracht „Die tun das ja freiwillig“. Die bizarre Idee dahinter: Was einige wollen, kann allen anderen nicht schaden. Ausbeutung begleite uns zudem überall und müsse darum auch in der Prostitution hingenommen werden. Das alles sind Allgemeinplätze neoliberaler Propaganda. Aber Frauen zu sexuellen Dienstleisterinnen zu erklären oder Sex als Dienstleistung zu markieren, die Frauen Männern zu erbringen haben, das ist purer, unreflektierter Sexismus. Die Nutzung professioneller Prostitution wird aus feministischer Perspektive als systematische Verdinglichung von Menschen als Instrumente sexueller Bedürfnisse und Phantasien verstanden. Ungeachtet der Zustimmung Einzelner. Die massenmediale Verbreitung eines Frauenbildes, bei dem Selbstobjektifizierung und Verdinglichung als ‚natürliches‘ weibliches Verhalten definiert wird, kann Mädchen zur Anpassung an diesen Verhaltenscode motivieren. Damit verringern sich ihre Chancen auf ein autonomes Leben: Sich selbst zu entdecken, eigene Werte und Ziele selbst zu bestimmen und sich selbst zu reflektieren.
Mit der feministischen Forderung nach einem Sexkaufverbot fürchten Freier ihre Kriminalisierung. Zuhälter und Bordellstättenbetreiber fürchten den Verlust des Profits und Prostituierte rechnen mit heftigen Umsatzeinbußen. Die Profiteure der Prostitution geben die Richtung vor: Der Berufsverband erotischer und sexueller Dienstleistungen e.V. (BesD) wollte bei der Gründung 2013 nicht auf die Mitgliedschaft von Bordellbetreibern verzichten. Gewinne fahren die Betreiber von Prostitutionsstätten durch Vermietung ein. Während die meisten Prostituierten ohne jede soziale Absicherung von der Hand in den Mund leben müssen. Bordellbetreiber vermieten Zimmer oder Studios für 150,- bis 250,- Euro pro Nutzungstag. Wenn eine Domina (unter äußerst günstigen Voraussetzungen) für das Verprügeln ihrer Kunden in einem SM-Studio pro Termin 250,- Euro einnimmt, erreicht sie bei 15 Kunden ein Nettoeinkommen von ca. 2.000,- Euro monatlich. Der Inhaber des Studios nimmt bei voller Auslastung im gleichen Monat 6.000,- Euro Miete ein. Für einen Mietendeckel in der Sexindustrie zu kämpfen, fiel dem BesD bisher nicht ein. Denn auch heute sind Betreiber von Prostitutionsstätten nicht von der Mitgliedschaft im BesD ausgeschlossen. Damit ist der Verein, der immer wieder wahrheitswidrig „Hurengewerkschaft“ genannt wird, keine gegnerfreie Organisation und erfüllt den Anspruch einer Interessenvertretung der Prostituierten nicht einmal auf dem Papier. Die erhoffte Selbstorganisierung der Prostituierten zur Verbesserung ihrer Situation kann unter diesen Bedingungen nicht stattfinden. Dem Gerede von Prostitution als „Sexarbeit“ als vermeintlich linker Politik schadete auch diese Unstimmigkeit bisher nicht.
Die Frau aus der Notaufnahme habe ich nie wieder gesehen. Es fehlen auch ihr Name am Briefkasten wie am Klingelschild. Auch ihr Facebook-Profil sagt nichts über ihren Verbleib aus. Vermutlich ist sie bereits tot.