„Halt die Fresse!“

Wenn sich Radikale und Queerfeministinnen auf Twitter bekämpfen, dann profitiert davon das Patriarchat. Radfems wollen dieses Dilemma lösen, um Frauen auf der Plattform besser vor Hass und Sibel Schick zu schützen.             

Ein Essay von Emily Williams

Für Abolitionistinnen, Patriarchatskritikerinnen und Feministinnen ist das Internet – und vor allem Twitter – ein Schlachtfeld. Die Angriffe sind massiv und reichen von Massenmeldungen, zu Mobbing, Doxing, Leaks privater Informationen, sexueller Belästigung und Gewaltandrohungen. Um ins Visier solcher Meldeattacken und Hetzkampagnen zu geraten, braucht es nur einen Frauennamen als Ziel und ein paar anonyme, mobilisierbare Accounts schlagen los. Um (irgend-) einer Frau ohne Scham zu schaden, wird dann die Verantwortung für systemische Gewalt auch noch auf sie verschoben. Diese Frau muss nicht mal anwesend oder am Gespräch beteiligt sein, Frauenhass kickt immer und überall. Solidarität unter oder mit Frauen ist Mangelware.

Als Radikale Feministin im Netz

Seit Jahren versuchen Trolle, Sexisten, Maskulisten und Antifeministen Frauen für das Übel in der Welt – von Nazideutschland bis zum Klimawandel – verantwortlich zu machen. Am Ende der Verantwortungsweiterleitung ist dann das ultimativ Böse immer wieder eine Frau. Immerhin hatte auch Hitler eine Mutter. Das ist alles nicht neu. Neu ist aber, dass auch sich selbst als Feministinnen bezeichnende Frauen da mitmachen. Ich erinnere mich an Zeiten, da war Solidarität unter Feministinnen Konsens. Eine Feministin pinkelte einer anderen Feministin nicht ans Bein. Diese Zeiten sind lange vorbei. Als Feministin im Netz hat man es aber nicht nur mit einer wütenden Horde anonymer Antifeministen, Frauenhassern und Trollen zu tun, sondern auch mit Queerfeministinnen. Der Queerfeminismus geht davon aus, dass das soziale und körperliche Geschlecht konstruiert ist, es wird von der Gesellschaft zugeschrieben. Damit sei die gegenwärtige Geschlechterordnung eine soziale Konstruktion, die sich und ihren repressiven Charakter darüber auflösen ließe, wenn Menschen ihr Geschlecht selbst definieren würden. Soziale Ungerechtigkeit gegen Frauen und Diskriminierung von Frauen könnten so – zumindest theoretisch – überwunden werden, indem eine Frau individuell beschließt, keine mehr zu sein und ihr komplettes soziales Umfeld, die Gesellschaft, die Gesetzgebung und jede Institution auffordert ihren Wunsch der Diskriminierungsfreiheit anzuerkennen. Die zentralen Forderungen des Queerfeminismus richten sich an den Staat, der durch gesetzliche Normen und Regeln die Entscheidungsfreiheit bzgl. des eigenen Geschlechts her- und sicherstellen soll.

Radikale Feministinnen beschäftigen sich genau mit diesen Ungerechtigkeiten und Diskriminierungsformen, die Frauen treffen, weil sie Frauen im kapitalistischen Patriarchat sind und Diskriminierung erkennen. Radikale Feministinnen wie ich hoffen nicht auf den guten Willen des Staates, mein Dasein als Frau liebevoll zu begleiten und auszustatten. Ich weiß, dass jedes Frauenrecht erkämpft werden muss. Aus diesen Widersprüchen zwischen der Theorie des Queerfeminismus und der Praxis des Radikalen Feminismus entsteht ein schwer umkämpftes Konfliktfeld. Wenn nämlich der Queerfeminismus die freie Wahl des Geschlechts für eine Auflösung der Geschlechterordnung hält, werden Radikale Feministinnen daran erinnert, dass jede Besserung der Situation von Frauen selbstorganisiert erkämpft werden muss. Der Queerfeminismus erkennt aber die Voraussetzungen des Radikalen Feminismus, die Diskriminierung von Frauen, nicht an. Die freie Wahl des eigenen Geschlechts hilft aber denen nicht, die Frauen sind und bleiben wollen und als solche in einer Vorherrschaft der Männer diskriminiert werden.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Der jüngste Clou im Kampf der Frauen gegen Frauen sind die Denunziationen anderer Feministinnen als TERF[1] und/oder SWERF[2]. Ausbrüche patriarchaler Gewalt werden dabei so lange verdreht, bis die Verantwortung dafür wieder Frauen (hier: Radikalen Feministinnen) zugeschoben werden kann. Radikale Feministinnen hetzen angeblich Männer auf, Frauen zu hassen, sagen nicht nur die Antifeministen, sondern neuerdings auch Queerfeministinnen. Täter werden zu den naiven und leichtgläubigen Erfüllungsgehilfen bösartiger Frauen verharmlost. Männer selbst trifft keine Schuld am Patriarchat oder an der Gewalt, sie werden von Tätern zu Opfern. Die Gewalt, die den Frauen widerfährt, die als TERF und SWERF denunziert werden, begründet die komplette Entsolidarisierung. Die Fähigkeit, politische Forderungen zu formulieren, die gemeinsame Interessen berücksichtigen, wird Radikalen Feministinnen auch von Queerfeministinnen abgesprochen. Wer als TERF oder SWERF denunziert wird, gilt auch Queerfeministinnen als politische Gegnerin. Solidarität unter Feministinnen ist Schnee von gestern. Frauen werden so sozial, politisch und virtuell isoliert, ihnen wird die Solidarität unter Frauen verweigert, und sie werden dem Hassmob schutzlos ausgeliefert.

Am Ende frisst der Queerfeminismus seine Schwestern und schiebt sogar Gewalt von Männern an Frauen noch Feministinnen in die Schuhe: Der Twitter-Account des Journalisten Paulus Müller wird kurz nach einem Interview mit einer Transfrau gesperrt. Als Grund für die Sperre nennt Twitter „künstliche Aktivitäten“. Mueller hat vermutlich zu viel in kurzer Zeit gepostet. Trotzdem werden Radikale Feministinnen für die Sperrung verantwortlich gemacht. Radikale Feministinnen hätten die Sperrung verursacht und damit Twitter manipuliert.

Eine Queerfeministin macht TERFs für die Löschung des Accounts von Paulus Müller verantwortlich.
WDR-Journalistin Georgine Kellermann wurde als Transfrau interviewt.

Es wird so getan, als bilden Radikaler Feminismus und Transrechte einen unüberwindbaren Widerspruch. Eine Unterscheidung, die im Radikalen Feminismus überhaupt nicht existiert. Wer sich gegen die Diskriminierung von Frauen stark machen will, ist immer willkommen. Radikaler Feminismus ist mit allen Opfern des Patriarchats solidarisch. Wer aber die Diskriminierung von Frauen bestreitet, erkennt die Basis des Radikalen Feminismus nicht an.

Feministinnen gegen Feministinnen

Frauen werden nicht nur im Internet belästigt, bedroht, beleidigt und diskriminiert. Frauen werden dafür bestraft, dass sie keine Männer sind. Die Täter sind meistens männlich, deren Antrieb und Ursache sind das Patriarchat und die Sicherung männlicher Hegemonie. Laut Queerfeministinnen liegt die Verantwortung für die brutale, patriarchale Gewalt ausgerechnet bei Radikalen Feministinnen, die genau diese Zustände bekämpfen wollen. Die zentrale Basis des Radikalen Feminismus, die kollektive Anerkennung der Diskriminierung von Frauen, sei selbst eine Form der Gewalt. Die Kolumnistin Hanna Lakomy mutmaßt in einer Kolumne für die Berliner Zeitung vom fünften Februar 2022, dass sie den Grund für das Festhalten der Radikalen Feministinnen an der Kategorie Frau im „Rachebedürfnis“ am Mann sieht. Damit bedient Lakomy das typisch antifeministische Klischee einer Feministin als irrationale, wütende Männerhasserin ohne jeden politischen Anspruch.

Queerfeministischer Kommentar aus der Berliner Zeitung wird auf Twitter zitiert.

Solche völlig absurden, klischeehaften Denunziationen ernten in einem antifeministischen Umfeld Zuspruch. Keine Verrenkung ist schräg genug, um nicht doch noch ausgerechnet Radikalen Feministinnen patriarchale Gewalt in die Schuhe zu schieben. Die Spaltung durch Entsolidarisierung funktioniert, indem die eine Opfergruppe von der anderen Opfergruppe zu Täterinnen oder Helferinnen des Patriarchats deklariert werden. Eine Feministin muss mit einer Feministin nicht mehr solidarisch sein, sobald sie ihr unterstellt, ihr Feminismus sei (zu) radikal. Von diesem Moment der vermeintlichen, zugeschriebenen oder tatsächlichen Radikalisierung einer Feministin, wird sie auch von Feministinnen zur Feindin des „wahren“ Feminismus erklärt. Eine Feministin, die Radikale Feministinnen bekämpft, bekommt gerade in einem sexistischen und patriarchal sozialisierten Umfeld schnell und viel Applaus. So werden Radikale Feministinnen nicht nur auf Twitter isoliert, ihnen wird grundsätzlich jede Solidarität entzogen.

Besondere Brisanz bekommen Angriffe auf Feministinnen, wenn andere Feministinnen sich daran beteiligen oder diese sogar auslösen. Sibel Schick, eine bekennende Feministin, erstattete sogar Onlineanzeige gegen eine andere Feministin. Schick sah ihren Ruf in als „linksgeltenden“ Medien durch eine Radikale Feministin gefährdet.

In der entsprechenden Ermittlungsakte heißt es, die Geschädigte, Frau Sibel Schick, habe am fünften Mai 2019 zwei Onlineanzeigen wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung erstattet. Sie hätte angezeigt, dass sie am fünften Mai 2019 um sechszehn Uhr auf ihrem Twitteraccount durch den Twitternutzer „@zwiebelring3“ als „Fotze“ bezeichnet worden sei und sich dadurch beleidigt gefühlt hätte. Aufgrund der fehlenden Rückmeldung von Twitter hätte keine Identität von „Zwiebelring3“ erlangt werden können. Sie hätte eine bestimmte Frau verdächtigt. Diese habe vermutlich eine persönliche Abneigung gegen sie und würde ihre Online-Aktivitäten obsessiv verfolgen. Diese Frau wolle Frau Schicks Reputation und Arbeit als Autorin in linksgeltenden Medien gefährden, indem sie sie zu verschiedenen Zeiten mit Worten beleidigt hätte. Über eine Abfrage des Einwohnermeldesystems EWO hätte die Bundespolizei voriges Jahr schließlich die Anschrift der Frau ermittelt.

Schicks Lebensgefährte schrieb im Januar 2020, er wünsche, dass die Bullen der beschuldigten Feministin die Tür eintreten und den Rechner durchsuchen sollen.

Lebensgefährte von Schick auf Twitter.

Im Mai 2020 kam es dann zur Hausdurchsuchung. Die „Soko Linx“, eine Abteilung beim LKA Sachsen, die speziell gegen Linke vorgeht, ermittelt gegen die Frau. Ihr wird vorgeworfen, Daten von Nazis beim Einwohnermeldeamt abgefragt und an linke und antifaschistische Strukturen weitergegeben zu haben.

Aber Schicks Ruf und dem ihres Mackers schaden solche repressionsgeilen, antifeministischen und völlig deplatzierten Wutausbrüche gegenüber einer linken Feministin und Antifaschistin offenbar überhaupt nicht. Er ist jetzt stolzes Mitglied in der Linkspartei, sie schreibt Kolumnen für die linke Zeitung „Neues Deutschland“.

Jemanden anzuzeigen, belegt tiefes Vertrauen ins System der Strafverfolgung, aber auch die Hoffnung, möglichst preiswert und risikoarm der angezeigten Person den größtmöglichen Schaden zuzufügen und sich im Meinungsstreit mit staatlicher Repression doch noch durchzusetzen. Jemand will erleben, wie eine höhere Autorität der angezeigten Frau möglichst heftig und nachhaltig schadet und nennt es Feminismus. Das angeblich gehasste System als nützliche Waffe gegen Feministinnen einzusetzen, gelingt aber nicht so oft wie eigentlich gewollt. Ein verletztes Ego allein rechtfertigt nämlich keine Strafverfolgung. Aber auch eingestellte Ermittlungsverfahren hinterlassen Namen und Spuren in polizeilichen Auskunftssystemen. So gibt es dann wenigstens ein bisschen Ärger für die Denunzierten: Sie werden – bestenfalls – zwar nicht wegen mangelnder Gegenwehr bestraft, aber dafür werden ohne ihr Wissen und Zutun ihre Daten in polizeilichen Auskunftssystemen erfasst.

In einem anderen Fall behauptete Schick, eine Prostitutionsüberlebende mit Fluchterfahrung, eine mehrmachmarginalisierte und schwer traumatisierte Frau, sei der Fake einer „weißen cishet[3] Frau“. Ich kann aus eigener Erfahrung versichern, dass es sich bei dem Account von meiner Freundin Kali um keinen Fake handelt. Es wird das gleiche Prinzip angewendet, wie es auch beim Account „frl9xklug“ im nächsten Kapitel geschildert wird, indem Accounts von Frauen einschließlich deren Erfahrungen und Äußerungen zu angeblichen Fakes einer anderen Frau gemacht werden, die von bestimmten Diskriminierungen und Gewalterfahrungen nicht betroffen ist. Die leidvollen Erfahrungen von Frauen werden weder anerkannt noch als berechtigtes Interesse verstanden, sondern als Schauspiel denunziert.

Sibel Schick beschuldigt Kali, ein Fakeaccount zu sein.

Jener Frau, die sich nur unter besonderer Kraftanstrengung und bei heftigen Flashbacks, überhaupt zu ihrem Leid in der Prostitution und im Schutz der Pseudonymität äußert, wurden nicht nur die leidvollen Erfahrungen, sondern sogar die Existenz abgesprochen. Schick hat sich von dieser Aussage nie distanziert, sich weder entschuldigt, noch sie gelöscht. Auf Kritik reagiert sie nicht. Aber diese Prostitutionsüberlebende samt ihrer Qualen existiert und Solidarität mit ihr ist für jede rassismus- und patriarchatskritische Feministin zwingend geboten. Gerade Frauen mit Gewalterfahrungen nutzen Twitter, weil sie dort pseudonyme Accounts führen dürfen und sich so vor der Gewalt von ehemaligen Freiern und Zuhältern schützen können. Ausgerechnet diesen Frauen in den Rücken zu fallen, ihre Existenz abzusprechen, mehrfachmarginalisierten und mehrfachdiskriminierten Frauen mit schlimmen Gewalterfahrungen die Legitimation des Redens zu entziehen, weil sie so weit wie möglich anonym bleiben wollen, und sie zu vermeintlichen Fakeaccounts Radikaler Feministinnen zu machen, ist nicht nur unsolidarisch, sondern widerlich und auf ekelhafte Weise schäbig.

Digitale Gewalt

Sibel Schick hat eine eigene Türsteherin auf Twitter.

Der Feministin aus dem beschriebenen Rechtsstreit mit Schick wird zudem vorgeworfen, andere Frauen seit Jahren zu stalken. Im Twitteraccount ihres vermeintlichen Opfers, „frl9xklug“, geht es in einigen Tweets um die verhasste Feministin. Die Nutzerin „frl9xklug“ ist davon überzeugt, sich gegen Cyberstalking zu wehren. Sie schreibt der Gehassten willkürlich fremde Accounts zu und beschimpft diese wild. Ob der Verdacht zutrifft oder nicht, ist für die Hetze gegen die Feministin komplett egal. Auch den Followern ist die Wirklichkeit egal, sie fragen sowieso nicht nach Belegen. Sie glauben blind und hassen mit. Der Feministin werden gleich dutzende Accounts zugeschrieben. Für den Frauenhass im und aus dem Netz spielt es keine Rolle, ob er die Richtige trifft. Wichtig ist nur, dass der Hass eine Frau trifft. Die als Fake denunzierten und oft völlig überraschten Frauen wehren sich manchmal gegen den Verdacht, jemand anderes zu sein. Der Hass auf die eine Frau schadet somit auch anderen, völlig unbeteiligten Frauen, aber bewusst und gezielt trifft er Frauen. So schließt sich der Kreis des antifeministischen Unsinns zum Frauenhass. Das Feindbild „Feministin“ ist populär, die Daten sind oft leicht verfügbar und Frauenhass und Antifeminismus sind auch im Netz jederzeit reproduzierbar und abrufbar. Da muss niemand auf Beweise für eine Verantwortlichkeit warten oder solche verlangen. Einfach mit dem Finger auf einen weiblich gelesenen Account zeigen, „Radikale Feministin“ rufen und Hass auf Frauen wird abgerufen. Gründe zum Mitmachen ergeben sich ohnehin aus verinnerlichtem oder offenem Frauenhass. Feministinnen zu hassen, ist in Deutschland beliebtes Tagesgeschäft.

Frauenhass leicht gemacht

Diese Hetze gegen Radikale Feministinnen ist nur ein weiterer Beleg für die Diskriminierung von Frauen: Schlägt ein Mann eine Frau oder schadet ihr auf andere Weise, ist sie in der frauenfeindlichen Theorie selbst – oder mindestens eine andere Frau – verantwortlich. So wird der Hass auf Frauen mit der Gewalt an Frauen gefüttert und beides vorangetrieben. Über die Motive für diesen Verfolgungseifer kann frau nur mutmaßen. Es gibt da unendlich viele. Im Internet lässt sich gegen Frauen als Zielscheiben von Hetzkampagnen einfach besonders leicht mobilisieren. Antifeminismus bedeutet Zuspruch. Anzeigen und Meldungen sorgen dafür, dass radikalfeministische Accounts in den sozialen Medien gesperrt werden. Accounts, die im Mainstream schwimmen, bekommen hingegen mit neoliberalem und antifeministischem Inhalt täglich mehr Fans und Reichweite. Feminismus, der nicht radikal ist, stellt auch das Patriarchat nicht in Frage, sondern bewegt sich nur in dessen Grenzen. Ein Feminismus, der sich auf das System verlässt, ist ein gefälliger Feminismus.

Fazit

Ich bin es so leid, mich mit Menschen zu streiten, deren Selbstbekenntnis zum Linkssein und/oder zum Feminismus von mir Solidarität einfordert und die dabei auf so schäbige Art unsolidarisch sind. Wer mich TERF oder SWERF nennt, bekommt eine Absage. Mir reicht es. Wenn sich dein Feminismus gegen Frauen richtet, ist er Fake. Die Aufforderung zur Auseinandersetzung mit der eigenen patriarchalen Sozialisation muss auf politischer Ebene erfolgen und kann nicht mit Mobbing beantwortet werden. Von euch, die ihr das Patriarchat nur für euch nutzbar machen wollt, statt es zu beseitigen, will ich nichts lernen. Mit euch will ich nichts machen, keine Revolution planen. Ihr seid reaktionärer Dreck und Teil des Problems, nicht Teil der Lösung. Die Lösung der Frauenfrage kann nur eine klare Absage an das Patriarchat und dessen Funktionen sein. Dazu gehören Twitter und auch Repressionsbehörden. Du bekämpfst das Patriarchat nicht, indem du es nutzt, um andere Frauen anzugreifen. Radikaler Feminismus bedeutet Selbstbestimmung, in jeder Form und auf jeder Ebene. Frauenbefreiung gelingt nicht durch Nutzbarmachung des Patriarchats, nicht durch Teilhabe, nicht durch Abzweigen von Profiten aus der Frauenqual, sondern nur mit dessen Überwindung. Aber wer Feministinnen aus Angst vor deren Kritik den Bullen, dem Twittermob, ihren Feinden serviert, dient dem Patriarchat. Wer Frauen unsichtbar macht und zum Schweigen bringen will und sie damit dem Patriarchat ausliefert, hat sich sowieso für das System entschieden und eben nicht dagegen. Mein Feminismus bleibt patriarchatskritisch und links. Meine Solidarität als Radikale Feministin gilt der Befreiung der Frauen aus dem Patriarchat und nicht deren Nutznießer_innen beim Betteln um Teilhabe am System der Frauenunterdrückung. Komm drauf klar oder tob dich halt empört auf Twitter aus! Mich juckt es nicht, ich habe da keinen Account mehr, weil ich die Ohnmacht einfach nicht mehr aushalten will, die sich aus dem Schutz für Mobber und dem Ausgeliefertsein der Opfer ergibt. Ich bin kein Teil der dauererregten Twittergemeinde mehr, die sich darüber empört, dass Twitter alles erlaubt und es scheinbar keinen Ausweg aus dem „Spiel“ einer Horde brutalisierter Kleinbürger und Kleinbürgerinnen gibt. Von denen, die sich von Twitter schützen lassen, aber anderen diesen Schutz nehmen, um nach Herzenslust draufzudreschen, halte ich nur eines: Abstand.


[1] Trans Exclusionary Radical Feminism (dt. Transgender ausschließender radikaler Feminismus).

[2] Sex Worker Exclusionary Radical Feminism (dt. Sexarbeiter*innen ausschließender Radikalfeminismus).

[3] Als Frau geborene heterosexuelle Frau.

Beitragsbild: Niklas Hamann auf unsplash.com.