Felix, 29, ist Bäckermeister und arbeitet als Produktionsleiter in einer Bäckerei mit 15 Filialen. Zu seinen Aufgaben gehören neben der praktischen Tätigkeit als Bäcker auch die Koordination von Produktion, Versand und Auslieferung. In seinem Betrieb arbeitet er zusammen mit 13 Facharbeitern und drei Auszubildenden. Seine nächtliche Arbeit findet nun im Zwei-Schicht-System statt. Megaphon hat ihn gebeten, einen Einblick in seine Situation am Arbeitsplatz zu geben. Felix ist eine der vielen Personen, auf deren Rücken die derzeitige Krise abgewälzt wird.
Hallo Felix. Du musst weiterhin jeden Tag noch zur Arbeit, wie geht es dir?
Naja, ich gehöre ja nicht unbedingt zur Risikogruppe, aber dennoch macht man sich Gedanken darüber, ob der Mensch mir gegenüber den Erreger vielleicht in sich trägt, es aber nicht merkt.
Wir sind bei unserer Arbeit nicht im Kundenkontakt, aber wir treffen auf unsere Auslieferungsfahrer. Die sind natürlich einer höheren Infektionsgefahr ausgesetzt und deshalb kann man sich niemals sicher sein. Auch um den nötigen Abstand zu halten und einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, musste die ganze Produktion umgestellt werden, damit sich nicht alle Mitarbeiter zeitgleich in der Produktionsstätte aufhalten und möglichst keinen Kontakt mit den Auslieferungsfahrern haben. Für mich als Produktionsleiter ist es gar nicht so einfach, das alles zu koordinieren. Aber unser Team ist klasse, wir werden diese Zeit schon überstehen.
Doch nicht nur arbeitsorganisatorisch macht sich die Krise bemerkbar, auch einige unserer Kunden sind weggebrochen, so z.B. Gaststätten, Hotels oder Imbisse. Auch der Cafe-Betrieb in den Filialen ist eingestellt. Unsere Produktvielfalt wurde hingegen nicht gekürzt und nach dem anfänglichen Umsatz-Hoch durch die Hamsterkäufe, sind die Produktionszahlen auch fast wieder so hoch wie in „normalen“ Zeiten.
Welche Wünsche und Forderungen hast du?
Schwer zu sagen. Für mich fängt es bei der Chefetage an. In diesen schwierigen Zeiten sollten sie nicht vergessen, wer den ganzen Laden am Laufen hält. Das sind nämlich wir, die wir jede Nacht in der Backstube arbeiten. Wir alle, die den Betrieb aufrechterhalten, im Schichtsystem arbeiten und Überstunden machen müssen. Wir haben gerade wenig Zeit, uns um unsere Familien zu kümmern oder zur Erholung. Gerade ist die Arbeitsbelastung sehr hoch, das lässt sich kurzfristig schwer ändern. Aber eine bessere Bezahlung für unsere Arbeit muss drin sein. Das ist die mindeste Anerkennung für unsere wirklich wichtige und gute Arbeit. Unser Chef hingegen versucht uns gerade mit Einkaufsgutscheinen für unsere eigenen Läden abzuspeisen, das reicht uns bei Weitem nicht. Was ich aber gut finde, ist ein wachsendes gesellschaftliches Interesse an unserer Arbeit und eine gestiegene Wertschätzung unseres Berufs. Es war für die Leute bisher selbstverständlich, jeden Tag im Geschäft vor der vollen Auslage zu stehen. Vielen ist durchaus bewusst, welches gesundheitliche Risiko wir gerade auf uns nehmen müssen. Aufhören wäre aber keine Alternative, denn die Menschen müssen ja versorgt werden. Die Gesellschaft merkt jetzt mal, wie wichtig die Bäcker sind. In diesen Zeiten wird auch klar, dass Selbstbedienungsregale für Backwaren im Supermarkt eigentlich eine hygienische Katastrophe sind. Wir als Bäcker sind genauso systemrelevant wie viele andere Berufe, können aber leider nicht im „homeoffice“ arbeiten.
Das wird gerne mal vergessen, es wird als selbstverständlich angesehen, dass die Brötchen auf den Tisch kommen. Wo sie herkommen und wer sie unter welchen Bedingungen gebacken hat, interessiert bisher kaum jemanden.