Josi ist 25 Jahre alt und arbeitet als auszubildende Pflegerin in einem Berliner Krankenhaus. Megaphon hat sie gebeten, einen Einblick in ihre Situation am Arbeitsplatz zu geben. Josi ist eine der vielen Personen, auf deren Rücken die derzeitige Krise abgewälzt wird.
Als ich meine Ausbildung als Krankenpflegerin angefangen habe, wusste ich, dass es ein Beruf ist, der seit Jahren unterbezahlt wird und in dem ein schwindelerregender Mangel an Personal herrscht. Gleichzeitig ist es aber auch ein Beruf, den ich von Herzen mache, da man normalen Leuten in den schwierigsten Zeiten ihres Lebens helfen kann und die einem im Gegenzug sehr viel zurück geben, was einem das eigene Herz mit Glück erfüllt. Die Corona-Krise zeigt uns nun am klarsten, was mit einem Gesundheitssystem passiert, das seit Jahrzehnten kaputt gespart wird und wer dabei auf der Strecke bleibt, nämlich Patienten und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Während meiner Arbeit im Krankenhaus, blieb der Ansturm durch Corona noch aus bzw. gestaltete sich in einem geregelten Maß. Trotzdem merkte man Panik und Verwirrung in der alltäglichen Arbeit. Angefangen von den Diebstählen von Schutzmasken im Krankenhaus, ausgelöst durch die Panik in der Anfangsphase der Corona-Krise und der Möglichkeit damit leichtes Geld zu machen, bis hin zu Verwirrung wie denn mit dem Schutz von Mitarbeitern und Patienten umgegangen werden soll.
So werden auf Grund von Mangel an Schutzmaterial, Schutzmasken in der alltäglichen Krankenhausarbeit einen ganzen Dienst lang getragen, anstatt wie von der Hygiene des eigenen Hauses empfohlen bei jedem Eintreten in das Zimmer eines isolierten Patienten verworfen. Auch ist oftmals unklar ob die Schutzausrüstungsbestände ausreichend sind. Auch eine Testung der gesamten Belegschaft, unabhängig von Symptomen, findet auf Grund der Überbelastung der Labore nicht statt und da diese nicht als sinnvoll erachtet wird.
Geht man gedanklich eine Situation durch, in der eine Mitarbeiterin positiv mit Covid-19 getestet wird, so wären alle Kollegen und Kolleginnen und betreute Patienten Kontaktpersonen und müssten eigentlich getestet bzw. bis zu den Ergebnissen in Quarantäne geschickt werden. In der Praxis ist dies auf Grund von Personalmangel kaum umsetzbar. Es müssen sowohl Patienten als auch alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Krankenhaus geschützt werden und das nach den besten hygienischen Standards und hierbei auch von der Service-Kraft, der Putzkraft bis zum Krankenpflegepersonal und den Ärzten und Ärztinnen und zwar im gleichen Maße. Es darf hierbei keine faulen Ausreden geben. Die aktuelle Situation ist die Quittung für Jahre der Sparmaßnahmen der Politik, der wie immer Profitinteressen wichtiger waren als das Leben und die Gesundheit der arbeitenden Menschen. Ich hoffe, dass wir alle – Gesundheitspersonal wie Menschen im Verkauf, auf der Baustelle usw. – uns merken werden, wie während dieser Krise reagiert wurde und wer hier in der Gesellschaft essentiell ist. Uns wird oft gesagt, wir seien ohnmächtig. Aber die heutige Lage zeigt deutlicher als sonst, wer diese Welt am Laufen hält und genauso wie wir jetzt die Quittung eurer Sparpolitik ausbaden, werden die Politiker von uns die Quittung für die aktuelle Krise erhalten.
Die gesellschaftliche Anerkennung, die mir als Krankenpflegerin nun von den Medien vermittelt wird, spiegelt sich leider nicht auf meinem Gehaltsscheck wieder. Danke für das Klatschen und den Beifall, aber lasst es nicht dabei bleiben, lasst uns für eine bessere Welt kämpfen! Das berührt uns alle tausend mal mehr als jeder Applaus. Bleibt gesund.